Samstag, 28. September 2019

Essen Frohnhausen – Geschichte eines Stadtteils

Essen Frohnhausen – Geschichte eines Stadtteils


Zur Zeit um Christi Geburt wurde das Gebiet der heutigen Gemarkung Frohnhausen von dem germanischen Stamm der Siganberer bewohnt. Nachdem die Römer diesen Stamm umgesiedelt hatten, wurde das Land zum Sitz der Brukteren, die sich später dem Bund der sächsischen Stämme anschlossen. Der Mühlenbach im Süden und Westen Frohnhausens wurde dabei zur Grenzlinie zwischen den sächsisch besiedelten Gebieten wie Frohnhausen und dem westlich davon gelegenen fränkischen Herrschaftsbereich.
Im 8. und 9. Jahrhundert ist die Geschichte und Entwicklung Frohnhausens eng mit dem Obernhof Ehrenzelle (ursprünglich Erinzele, d. h. Saal des Erin) verbunden, der sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Krämerplatzes befand. Zum Ehrenzeller Oberhof gehörten die drei Bauernschaften Altendorf, Frohnhausen und Holsterhausen.
Die Einwohner Frohnhausens waren gemeine, frondienstpflichtige Freie, die außer den Zehntzahlungen auch noch Hand- und Spanndienste für den Oberhof Ehrenzelle leisten mussten. Nachdem Kaiser Otto I. den Oberhof dem in 852 gegründeten Stift Asnide/Essen als wirtschaftliche Lebensgrundlage zugesprochen hatte, blieben die Geschicke der beiden Bauernschaften Altendorf / Frohnhausen eng mit denen des Stiftes verknüpft.

1300  
Schon Karl der Große hatte einen Nebenweg zu dem bekannten Hellweg anlegen lassen. Dieser Nebenweg folgte mit großer Wahrscheinlichkeit der Trasse der heutigen Frohnhauser Straße.
Etwa in  Höhe der heutigen Kreuzung Frohnhauser/Lüneburger Straße siedelten sich bald im Quellgebiet des Panstbaches mehrere Höfe an, die bald eine geschlossene Bauernschaft bildeten. Mit diesen Höfen etablierten sich bereit um das Jahr 1300 herum die noch heute in Frohnhausen bekannten Familienamen wie Niermann, Pollerberg, Buse usw. Der Panstbach, der heute versiegt ist, floss durch die Bärendelle nach Norden, wo er in den Sälzerbach mündete.
Selbstverständlich siedelten sich auch bald Fröner des Stifte; Essen in der geschlossenen Frohnhauser Bauernschaft an, denn die guten Bodenverhältnisse sorgten für gute Erträge der Landwirtschaften.


1575
Damals spielte der Steinkohlenabbau noch eine unbedeutende Rolle, obwohl  z.B. am Wiesenberg an der Wickenburg - die Kohlenflöze offen zu Tage traten. Mindestens seit 1575 wurde in der Zeche Hagenbeck auf Altendorfer Gebiet an der Grenze zu Frohnhausen die Kohle in einem Pütt (Brunnenschacht mit Haspelbetrieb) abgebaut. Hier suchten die zweiten und dritten Söhne von Hofbauern ihr Auskommen. Erst durch die Verordnungen der späteren preußischen Bergämter erhielten die Bergleute eine gesicherte rechtliche Stellung.


1802
Im Jahre 1802 wurde Essen dem preußischen Staat angegliedert, die Bauernschaften Frohnhausen, Altendorf und Holsterhausen wurden jedoch nicht dem Essener Stadtgebiet, sondern der Bürgermeisterei Borbeck zugeschlagen. Später, in 1874, wurden die drei Bauernschaften als Altendorf/Frohnhausen unter dem Bürgermeister Wilhelm Kerckhoff unabhängig, bis man sie dann am 1.8.1901 der Stadt Essen als wichtiges Siedlungsgebiet eingemeindete.

1822
Bereits 1891 hatte ein gewisser Friedrich K. Krupp auf der Halbachmühle einen Hammer und ein Schmelzwerk errichtet, wo er versuchte einen Stahl herzustellen, der den wegen Napoleons Kontinentalsperre verbotenen englischen Produkten gleich kam. Durch die überzeugende Qualität der Kruppschen Erzeugnisse gewann die Firma bald an Ansehen und vergrößerte sich zusehends. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sie sich zu einem Großbetrieb. Daraus ergab sich für die Umgebung, also auch für Frohnhausen eine völlige Umstrukturierung. Zählte die Bauernschaft 1822 nur etwa 500 Einwohner, so: hatte sich die Zahl bereits 1895 auf rund 5 700 vergrößert; 1910 lebten bereits 29.000, 1925 etwa 42.000 Menschen in Frohnhausen.

1872
Die Geschichte Frohnhausens ist eng mit der Firma Krupp verbunden. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts begann Krupp damit, für seine Arbeiter betriebseigene Wohnungen zu bauen. So entstanden die Siedlungen Westend (1863), Nordhof (1871), Schederhof und Kronenberg (1872).
An diese Siedlungen erinnert sich auch noch Frau Sch., eine alte Frohnhauserin:
lm Schederhof wohnten -zig Kruppianer, das war eine rein Kruppsche Siedlung. Hinter dem Bahnhof Essen-West lag die Krupp-Siedlung Kronenberg. Dort habe ich 1932 gewohnt. Es war ein viereckiger Platz mit einem Marktplatz in der Mitte."
Um die Jahrhundertwende herrschte in Essen, besonders im Westen, rege Bautätigkeit. Zu dieser Zeit machte auch ein Spottvers die Runde, den uns Frau Sch. erzählt:
"Ach Essen. liebes Essen, Kanonenmetropol,
wie ist in deinen Mauern Mir alle Zeit so wohl,
Doch auf den schönen Straßen,
Man sich fast den Hals zerbricht.
Geflickt wird daran immer,
Doch fertig werden sie nicht!"


1898
Verkehrstechnisch war die Errichtung des Bahnhofes Kronenberg an der Bergisch-Märkischen Bahnstrecke von Duisburg nach Dortmund von wesentlicher Bedeutung. Erst 1910 wurde dieser Bahnhof durch den neuen Bahnhof Essen-West ersetzt.
Bereits in 1898 fuhr in Essen die erste Straßenbahnlinie, seit 1875/76 befand sich am Altendorfer Platz, an der Stelle der heutigen Kirche Maria Geburt, das Bürgermeisteramt = Rathaus. Auch die kath. Antoniuskirche an der Ecke Berliner / Kölner Straße existierte schon, ebenso wie die evangelische Lutherkirche, die mit wesentlichen Mitteln der Firma Krupp und der Zeche Hagenbeck erbaut worden war.


1900
Bis 1920 war Essen-West vollständig bebaut. An das Aussehen Frohnhausens zu dieser Zeit erinnert sich Frau T.: "Das Leben ging hier früher genauso, es war sehr schwer, eine Wohnung zu bekommen. Auf der Frohnhauser Straße gab es schon einige der Geschäfte, die heute noch dort sind. Damals war das Gelände an der Riehlstraße noch frei - dort baute Krupp gerade seine Häuser. Schon seit 1912 fuhr die Straßenbahn elektrisch. Eine Fahrt   zum Limbecker Platz kostete 5 Pfennige, später wurde der Preis auf 20 Pfennige erhöht. Auch den Gervinusplatz und den Gervinusfriedhof gab es schon.
Dort wurde die alteingesessenen Bürger beerdigt wie zum Beispiel Herr Silberkuhl. Das war ein reicher Bauer, denn damals war das ganze Gebiet wo heute die katholische Kirche steht (Mariä Geburt) noch Land. In der Nähe stand auch das Essen-Wester Rathaus."
Auch Frau K. erinnert sich noch genau an das damalige Frohnhausen:
"Mein Vater hatte damals Grundstücke an den Ecken Frohnhauser/Berliner Straße und Frohnhauser/Breslauer erworben. Dort war damals noch Wiese. Auch die Frohnhauser Straße war nicht so gut ausgebaut wie heute. In der Berliner Straße gab es auch noch einen Hufschmied, doch die meisten Bauernhöfen waren schon verschwunden, denn Krupp hatte um 1900, als er anfing hier zu bauen, siel Land aufgekauft. "


1912
Am 8. August 1912 ist ein großer Tag für Alfred Krupp von Bohlen und Halbach und damit auch für die Stadt Essen. Kaiser Wilhelm II kommt zu einem Besuch der Kruppschen Panzerwerke. In der Zwischenzeit hat sich der Krupp-Konzern immer weiter vergrößert, 1943 umfasst er bereits eine Belegschaft von 7508 Menschen und macht einen Umsatz von 441 Millionen Goldmark!
Frau Sch. die damals bei Krupp beschäftigt war, kennt noch einige der Reime, die zu dieser Zeit im Betrieb herumgingen:
"Lieber Alfred, Du sorgst für alles,
Ohne dich stünden wir elend am Dalles.
Du bist der Vater,
Stillst Hunger und Durst,
Gut schmeckt dein Brot,
Noch besser die Wurst."
Oder:
"Krupp alle Wege, Krupp überall, Krupp heißt die Wohnung, der Keller, der Stall."
Eine Kruppsche Wohnung kostete vor dem ersten Weltkrieg 24 Mark und umfasste drei Räume. Im Kruppschen Konsum bekam man ein Brötchen für 2 Pfennige, ein kleines Brot kostete 35, ein großes 68 Pfennige. Aber auch der Verdienst der Arbeiter lag weitaus niedriger als heutzutage: ein "Kruppianer" hatte pro Monat etwa  2oo Mark in der Lohntüte.


1913
In das Jahr 1913 fiel die Einweihung der neuerbauten evangelischen Apostelkirche an der Ecke Berliner / Mühlheimer Straße. Schon ein Jahr darauf begann der Ersten Weltkriegs.
Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Parteien, wie etwa der Kapp-Putsch, der Einmarsch der Franzosen und die Verhaftung des gesamten Kruppschen Führungsstabes gehörten zu der Zeit nach dem Krieg. genauso wie die Inflation. Mit der Einführung der Rentenmark im November 1923 setzte ein rascher, trügerischer wirtschaftlicher Aufschwung ein, denn schon bald griff die Arbeitslosigkeit um sich. Der Nationalsozialismus gewann rasch an Boden und schon 1933 zogen di
ersten "Deutschen Christen! in das Presbyterium der evangelischen Kirche ein, um mit der Gleichschaltung zu beginnen.


1939
So kam das Jahr 1939 und mit ihm der 2. Weltkrieg. Nach anfänglicher Ruhe setzten bald die Luftangriffe auf das wegen seiner Rüstungsindustrie äußerst wichtige Essen ein. Schon bald lagen große Teile des Stadtgebietes in Trümmern.


1944
Am 26. März 1944 war die evangelische Apostelkirche an der Reihe. Nach einem Angriff standen nur noch Turm und Rückwand des Gotteshauses. Seit Anfang 1945 lag Essen unter direktem Feindbeschuss. Tiefflieger griffen an. Die schlimmsten Verwüstungen richtete ein Tagesangriff am 11. März 1945 an . Danach funktionierte in Frohnhausen kein Telefon mehr , die Wasserversorgung war lahmgelegt,  keine Straßenbahn fuhr mehr. Dann kam die Anweisung, die Stadt sei von der Zivilbevölkerung zu räumen.

1945
Nach Kriegsende ging der Aufbau unter der Aufsicht der britischen Besatzungsmacht rasch vonstatten. In großen Zügen erhielt der Stadtteil Frohnhausen in dieser Zeit die charakteristischen Züge, die wir heute alle noch vorfinden.


Essen Frohnhausen – Geschichte eines Stadtteils
Autor: Reinhard Jahn
Langfassung
Bearbeitete Fassungen erschienen in
© by author / R. Jahn



 

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