Montag, 26. April 2021

Krimi der Woche

 Schwerer Raub

Von John Miller

Kommissar Luchs betrat mit seiner Kollegin Vicky Kant den Lift des Business-Centers. Drei Anzugträger standen schon in der Kabine, und als Luchs und seine Kollegin eintraten, piepte ein Warnsignal los. Einer der Anzugträger deutete auf ein Schild: »Maximale Last vier Personen!« Die beiden Kommissare nahmen die Treppe. Das Büro von »Schildlein-Bau« war in der fünften Etage. Schildleins schlüsselfertige Reihenhäuser waren der Renner auf dem Immobilienmarkt.
  »Man hat mich und meine Susi gestern Abend gekidnappt und beraubt«, erklärte Leo Schildlein. Er tätschelte seiner Sekretärin die Schulter.
  Susi war ein Blondgeschöpf der Luxusklasse und sicher nicht nur für Schreibarbeiten angestellt. »Leo und ich waren gegen 23 Uhr noch im Büro«, sagte sie. »Plötzlich stürzten drei maskierte und bewaffnete Männer herein ...«
  Schildlein fuhr fort: »Ich habe ihnen Geld angeboten, alles, was in meinem Tresor war. Das Ding ist komplett aus Stahl, 80 Kilo schwer und mit einem Zeitschloss versehen, das erst morgens um acht Uhr aufgeht. Und was soll ich sagen - die Kerle haben mich, meine Susi und meinen Tresor einfach mitgenommen. Wir sind gemeinsam im Lift in die Tiefgarage hinuntergefahren. Mit ihrem Van ging's raus in eine Fabrikhalle - da haben wir dann gewartet, bis das Zeitschloss aufging und ich den Tresor öffnen konnte. Sie nahmen sich die fast hunderttausend Euro, die drin waren, und setzten dann mich und meine Susi aus.«
  »Nette Beute!«, sagte Luchs. »Sind Sie gegen Raub versichert?«
  »Sie behaupten doch nicht, dass wir uns die Entführung nur ausgedacht haben?« Schildlein schnappte nach Luft. »Sie gehen jetzt wohl besser!«
  Gleich darauf steuerten Luchs und seine Kollegin den Lift an. Plötzlich stoppte Luchs. »Wir müssen noch mal zurück«, sagte er.
  Dann schnappten bei Schildlein Handschellen. »Sie haben behauptet, die drei Räuber seien mit Ihnen, Ihrer Susi und einem 80 Kilo schweren Safe im Lift in die Tiefgarage hinuntergefahren«, sagte der Kommissar. »Eine glatte Lüge - denn der Lift blockiert, sobald mehr als vier Personen in der Kabine sind.«
  Vicky Kant wandte sich an Susi. »Soll ich Ihnen auch Handschellen anlegen? Oder wollen Sie sich Ihre Aussage über das, was hier gestern passiert ist, noch mal durch den Kopf gehen lassen?«
 Susi schluckte. »Okay. Keine Handschellen, ja?« 

 

 

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H.P. Karr präsentiert
Mord nach Rezept - Band 21: Komm her und stirb mit mir:
Zwei Dutzend kleine Krimis  
Kindle Ausgabe
Nicht immer ist ein Unfall ein Unfall. Doch wenn es ein Mord war - wer steckt dahinter? Nicht immer ist der nette Nachbar oder Kollege das Unschuldslamm, für das er sich ausgibt. Doch es ist schwer, ihm das Gegenteil zu beweisen. Es sei denn man hat ein Gespür für Mord.
Zwei Dutzend Kurzkrimis, mal cosy, mal smart, aber immer spannend und unterhaltsam.



 John Miller
Schwerer Raub
Erschienen in
BNN 24.04.2021
(C) by author / R.Jahn
Verbreitung nur mir Genehmigung

Samstag, 17. April 2021

Nur eine kurze Begegnung

 Nur eine kurze Begegnung

 Von Richard Janssen

 In der Nacht war ein Gewitter über der Stadt niedergegangen. Als ich am Morgen zur Arbeit ging, schimmerten die Gehsteige und die Blätter der Chausseebäume noch matt in der Feuchtigkeit des nächtlichen Regens. Ich genoß die Kühle der Morgenstunde. Das würde bestimmt wieder ein schönes warmer Sommertag werden!
   Als ich die Straße überqueren wollte, stutzte ich plötzlich.
   Was war denn das? Ein kleines Wesen, das beinahe wie ein Wollknäuel auf vier Beinen aussah, tappte unbeholfen auf der  verkehrsreichen Fahrbahn dahin, und nur ein Wunder schien es bisher vor den Rädern der vorüberbrausenden Autos bewahrt zu haben.
   Der kleine herrenlose Hund hatte sich wohl während einer Entdeckungsreise verlaufen und stand nun hilflos mitten auf den Asphalt, weil er offensichtlich nicht wusste, wie er den vorüberbrausenden Chaos aus Autos, Motorrädern und Fußgängern entkommen sollte.
   Behutsam nahm ich den kleinen Kerl auf den Arm. Das Hündchen fühlte sich offenbar dort sehr wohl, denn es rollte sich zusammen, leckte dankbar meine Hand und schaute mich aus großen braunen Augen an.
   In diesem Augenblick schlossen wir beide Freundschaft,
   Dickerchen und ich. Ich nahm den kleinen Foxterrier, denn dieser Rasse konnte man Dickerchen zum größten Teil zurechnen, mit in meine Wohnung, und als habe er schon jahrelang dort gewohnt, belegte er sofort einen der Sessel im Wohnzimmer mit Beschlag. Ich machte ihm etwas zu Fressen und versicherte mich seiner ewigen Dankbarkeit, indem ich ihm auch noch am nächsten Tag einen Knochen aus Gummi kaufte, mit dem er spielen konnte.
   Während ich tagsüber arbeitete, blieb Dickerchen daheim und hütete das Haus. Kam ich abends nach Hause, empfing er mich mit fröhlichem Gebell und tobte solange um meine Füße herum, bis ich mich hinabbeugte und mit ihm spielte.
   Doch leider dauerte unser kleines Glück nicht lange. Der Hausbesitzer hatte von Dickerchen erfahren, und er verlangte, das Dickerchen aus dem Haus geschafft würde. Jeder Versuch, eine andere Einigung zu erzielen war zwecklos.
   Schweren Herzens versuchte ich alles, um ein neues Heim für Dickerchen zu finden. Nach einiger Zeit fand ich schließlich eine entfernte Cousine, die auf einem Bauernhof lebte und die sich bereit erklärte, Dickerchen bei sich aufzunehmen.
   Es war inzwischen Herbst geworden‚ und als ich Dickerchen an die Leine nahm, um ihn hinaus aufs Land zu bringen, wuchsen schon die Heckenrosen über die Zaungitter. Dickerchen schien zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war, denn er trottete traurig neben mir her, ohne wie gewöhnlich ungeduldig an der Leine zu zerren.
   Es war Abend geworden, als ich mit ihm bei meiner Cousine eintraf. Als ich die beiden nach einer kurzen Pause wieder verließ, musste Dickerchen mit der Leine an Tischbein festgebunden werden, weil er dauernd versuchte, mir nachzulaufen.
   Er tat mir schrecklich leid, der kleine Bursche, wie er da auf dem Küchenboden saß und leise winselte, weil ihn die Leine festhielt, als ich zur Tür hinausging. Doch es gab keine andere Lösung.
   Das alles geschah vor beinahe einem Jahr. Ich habe Dickerchen seitdem nie wiedergesehen, doch aus den Briefen meiner Cousine weiß ich, dass es gut geht. Oft habe ich mit dem Gedanken gespielt, einmal hinauszufahren und nach ihm zu sehen, doch dann bin ich immer wieder daheimgeblieben.
  


Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

Aufgezeichnet von Mara Mainau
Erneut hat Mara Mainau zwei Dutzend bewegende Lebens- und Liebesgeschichten aufgezeichnet und in diesem Sammelband zusammengestellt. Es sind nicht nur romantische Lovestories und offene Bekenntnisse, es sind oft auch dramatische Schicksalsberichte. Hier erzählen Frauen offen und ehrlich von den wichtigsten, entscheidenden und emotionalsten Phasen ihres Lebens. Es sind Geschichten über die Kraft der Liebe und die Macht des Schicksals.
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Frühstück

Von Richard Janssen

"Ich habe", sagte Frau Neumann am Frühstückstisch, "bei Grotemanns im Schaufenster ein herrliches Service gesehen. Findest du nicht auch, dass wir wieder einmal neues Geschirr brauchten, Willy?"
   Herr Neumann lugte angriffslustig über den Rand seiner Morgenzeitung und fixierte sein Eheweib mit einem strengen Blick.
   "Nein, Hermine!", sagte er nach einer Weile. "Ich finde nicht, dass wir neues Geschirr brauchten!"
   "Und warum nicht?" wollte sie wissen. Es klimperte, als sie mit dem Teelöffel ihren Kaffee umrührte. "Schließlich benutzen wir dieses Geschirr schon seit fünf Jahren und mittlerweile ist das Dekor unmodern geworden!"
   "Kannst du mir vielleicht sagen, liebe Hermine, wozu ein Service dient?",, wollte Herr Neumann nun auf einmal mit sanfter Ironie wissen.
   "Nun, man isst von den Tellern, trinkt aus den Tassen und…"
   "Und ist für irgendeine dieser Funktionen das Dekor des Service von Bedeutung?", unterbrach Herr Neumann seine Frau. Er sah sie mit einem triumphierenden Blick an.
   "Nein!", musste sie gestehen.
   "Genau!", sagte. er. "Es ist egal, ob der Teller, von dem man seinen Sauerbraten isst, mit Blümchen bemalt ist, ob er einen goldenen oder einen silbernen Rand hat, ob er geriffelt
   oder glatt ist Deshalb brauchen wir kein neues Service!"
   ”Tiefes Schweigen breitete sich über dem Tisch aus und das Frühstück nahm seinen Fortgang. Frau Neumann biss in ihr Honigbrötchen und trank einen Schluck Kaffee. Herr Neumann blätterte den Sportteil der Zeitung auf und widmete sich der Bundesligatabelle.
   "Willy", meldete sich Frau Neumann nach einigen Minuten wieder zaghaft zu Wort, "ich glaube, wir brauchen doch  ein neues Service!2
   "Und warum, meine Liebe?", erkundigte er sich, ohne den Blick von der Zeitung zu heben.
   "Nun, wenn nun plötzlich ein Stück von diesem Service kaputtgeht und sich bei uns gerade Besuch angesagt hat! Kannst du dir vorstellen, wie peinlich es wäre, ein unvollständiges Service aufzudecken?"  
   "Das sehe ich ein!", erwiderte Herr Neumann mit unerwarteter Kompromissbereitschaft. "Nur - das Service ist doch vollständig, oder?"
   "Noch ist es vollständig, ja!", muss Frau Neumann zugeben.
   "Und wenn ein Teller in die Brüche geht, kann man ihn nachkaufen, oder?!
   "Leider nicht", sagt Frau Neumann bedauernd. "Ich sagte doch vorhin schon, dass das Dekor unmodern ist und dieses Service nicht mehr hergestellt wird. Wenn nun plötzlich ein Teil zerbricht?"
   "Bis heute ist aber noch kein Teil zerbrochen!", braust Herr Neumann auf und schlägt mit der Faust auf den Tisch. Seine Kaffeetasse verliert durch die Erschütterung das Gleichgewicht und klirrt samt Untertasse auf den Boden. Betroffen starrt Herr Neumann auf die Scherben.
   "Schade!«, sagte Frau Neumann, "um das schöne alte Service. Aber ich habe neulich bei Grotmanns im Schaufenster ein herrliches neues Service gesehen..."
   
  

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Mord nach Rezept - Band 10:
Die Retro-Edition - mit zwei Dutzend Krimis zurück in die Achtziger


Die Achtziger – das waren die Jahre, als man noch überall rauchen durfte, der Marlboro-Mann und der Camel-Tramp im Kino Werbung machten und die Hollywood-Hits »Dirty Dancing«, »Shining« und »Zurück in die Zukunft« hießen. Zum Telefonieren benutzte man Festnetztelefone, und wenn man unterwegs war, musste man sich zum Anrufen eine Telefonzelle suchen – das waren gelbe Kabinen mit einem Münztelefon und einem gestohlenen Telefonbuch.

Zwei Dutzend clevere Kriminalstorys aus der guten alten Zeit – als im Fernsehen immer dienstags »Dallas« lief und freitags »Derrick« ermittelte. Die Hits des Jahrzehntes waren »Take On Me« von a-ha , Nena mit »99 Luftballons« und natürlich »Jeanny« von Falco. Wie immer zu Ihrem Vergnügen ausgesucht und zusammengestellt von Krimikenner H.P. Karr.

  

Richard Janssen: Nur eine kurze Begegnung
Richard Janssen: Frühstück
© by author / R.Jahn
Verbreitung nur mit Genehmigung
   
   
    

   

Montag, 5. April 2021

Marianne und ihre Mutter

 Marianne und ihre Mutter

 Von Mara Mainau

 Marianne hatte völlig überraschend ihre Koffer gepackt und war zu ihrer Mutter gefahren. Mit verweinten Gesicht saß sie nun da und brachte kein Wort heraus.
   »Du hast dich mit deinem Mann zerstritten!«, erkannte Mariannes Mutter. Mariannes nickte schwer.
   »Warum?«, fragte ihre Mutter. »Es muß doch einen Grund gegeben haben, wegen dem ihr euch gestritten habt!«
   »Es ist ... weil eine Stromleitung defekt war!«, brachte Marianne schließlich hervor.
   Ihre Mutter schüttelte an Kopf. »Aber Kindchen!«, sagte sie besänftigend. »Das ist doch kein Grund, sich zu streiten. Oder hast du etwa die Leitung mit Absicht zerstört?«
   »Nein, sie war einfach kaputt«, schluchzte Marianne.
   »Ich sehe nicht ein, wo da der Grund für einen Ehestreit liegen soll!«, sagte Mariannes Mutter. »In einem solchen Falle ruft man doch einen Elektriker, der das alles wieder in Ordnung bringt!«
   Marianne wischte sich die letzten Tränen ab. »Aber genau das ‘habe ich ja auch getan, Mutter. Am Nachmittag ging die Leitung kaputt und ich telefonierte sofort mit einem Elektriker. Zufälligerweise hatte er Zeit und er versprach, sofort vorbeizukommen, um den Schaden zu reparieren!«
   »Und dein Mann? War er damit nicht einverstanden?«
   »Er wusste doch gar nichts davon, er war doch im Büro!«, erwiderte Marianne.
   »Aber wieso konntet ihr euch denn dann wegen der defekten Stromleitung streiten? Ist der Elektriker etwa nicht gekommen?«
   »Oh doch, schon fünf Minuten nach meinem Anruf stand er vor der Tür und konnte mit der Reparatur beginnen!« erzählte Marianne. »Er fragte mich zuerst, ob ich ein paar Kerzen in Haus hätte, weil er die Sicherung herausschrauben müsse, um den Schaden zu beheben. »
   »Und du hattest natürlich keine Kerzen!«, sagte ihre Mutter mit dem Brustton der Überzeugung.
   »Doch, ich hatte noch drei Kerzen, die zündete ich an. Zwei stellte ich auf den Couchtisch, mit der dritten leuchtete ich dem Handwerker. Der Schaden war in einer Leitung neben dem Sofa und so konnte ich ganz bequem sitzen!«
   »Ich verstehe immer: noch nicht, wie die Reparatur einer Lichtleitung zu einem Ehestreit führen kann”, sagte Mariannes Mutter verständnislos. »Du hast also auf dem Sofa gesessen und dem Elektriker geleuchtet, und auf dem Couchtisch brannten zwei Kerzen. Was ist dann passiert? Mein Gott, er wird doch nicht etwa zudringlich geworden sein? »
   »Aber nein, Mama, ihm ist nur eine Schraube heruntergefallen, unters Sofa und gerade, als er halb unter das Sofa gekrochen war, um sie hervorzuholen, da ist mein Mann hereingekommen...«
   
   

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 Die Kunst, eine Kurzgeschichte zu schreiben

 Von Michael Rolandt

 Es ist für manchen Autor schon schwer genug, eine Geschichte zu erzählen, aber noch viel schwieriger als eine einfache Geschichte ist eine Kurzgeschichte zu schreiben.
   Wie sagte schon Goethe: »Ich schreibe dir einen langen Brief, weil ich keine Zeit habe, dir einen kurzen zu schreiben.« Ebenso verhält es sich mit Kurzgeschichten. Je kürzer, desto komplizierter und aufreibender ist die Arbeit daran. Am schwierigsten sind Geschichten, die etwa den Umfang dieses Werkes haben. Sie sind sozusagen die Krönung eines jeden Autorenlebens. Eine solche kurze Geschichte veröffentlicht zu sehen, bringt einem Schriftsteller mehr Befriedigung und Achtung vor dem eigenen Werk ein als ein Dutzend dicker Romane.
   Es soll schon vorgekommen sein, dass Autoren für die Gestaltung einer einzigen Kurzgeschichte mehr Papier verbrauchten als für ihre gesamten bisher erschienen Werke.
   Es ist nämlich das existentielle Problem der Kurzgeschichte, dass man in ihr nur das Wichtige, das Wichtigste. das Allerwichtigste zu Papier bringen darf. Was in einem Roman eine seitenlange Beschreibung in Anspruch nehmen kann, muß in diesen Genre auf ein Wort, höchstens einen Nebensatz komprimiert werden.
   Dabei kann die Kurzgeschichte ebensoviel und sogar mehr aussagen als ein dreibändiges Epos. Dazu hat sie noch den Vorteil, dass sie in wesentlich kürzerer Zeit zu lesen ist. Was da in den Wochenendbeilagen der Tageszeitungen in zwei bis fünf Minuten liest, hat dem Autor Stunden um Stunden härtester Arbeit gekostet. Er hat Unmengen von Papier verbraucht, unzählige Tassen Kaffee getrunken und seine Schreibmaschine mit immer neuen Vorentwürfen traktiert.
   Es gibt für einen solchen Autor kein erhebenderes Erlebnis,
   als an einem Wochenende eine Zeitung aufzuschlagen und dort  das Ergebnis seiner stundenlangen Mühen gedruckt zu finden.
   Auf der letzten Seite der Wochenendbeilage zumeist, unter anspruchslosen Witzzeichnungen, prangt - in nicht gerade üppigen Lettern, der Titel seines, Werkes. Hat man etwas Glück, so ist. sogar der Name des Autors oder sein Pseudonym dort vermerkt! Es wäre vermessen, versuchte man das Glücksgefühl, dass einen in jenem Augenblick durchströmt, zu beschreiben.
   Doch bis man seine Kurzgeschichte endlich in der Zeitung finden kann, ist es ein langer Weg. Denn genau wie das Schreiben, so ist auch das Verkaufen einer Kurzgeschichte  eine große Kunst. Die Zeitungsredaktionen werden mit Manuskripten untalentierter Skribenten überhäuft, so dass man sich schon etwas besonderes einfallen lassen muß, um sein Werk in diesem Stapel minderwertiger Makulatur auffallen zu lassen. Zum Beispiel auf rotes Papier schreiben (was keinerlei Rückschlüsse auf die politischen Interessen zuläßt, schließlich kann man schlecht auf schwarzes Papier schreiben.). Oder man wählt statt der gewöhnlichen rechteckigen Bögen trapezförmige.
   Früher wurde eine Geschichte im allgemeinen schon veröffentlicht, wenn man der Zusendung kein Rückporto beilegte, da es sich die meisten Redaktionen nicht leisten konnten, unaufgefordert eingesandte Arbeiten auf eigene Kosten zurückzuschicken. Doch heute, im Zeitalter der Pressekonzentration, der Großverlage und Redaktionsgemeinschaften kann man diesen Kunstgriff nur noch bei kleineren Provinzzeitungen anwenden.
   Ein freundlicher Begleitbrief an den bearbeitenden Redakteur kann manchmal ebenfalls Wunder wirken. Noch besser ist es natürlich, wenn man dem Manuskript eine vollständige Interpretation der Geschichte beifügt, damit der gute Mann auch versteht was man zum Aus- und Abdruck bringen möchte. Stimmt dies alles dann noch mit der persönlichen Meinung des Redakteurs
   überein, hat man schon gute Chancen. Kommt noch eine gehörige  Portion Glück dazu, so erhält man einige Monate nach der Einsendung des Manuskriptes einen freundlichen Brief mit dem Inhalt, dass die vorgelegte Kurzgeschichte in einer der nächsten Ausgaben erscheinen wird.
   Und obwohl sich die Honorare für Kurzgeschichten in Grenzen halten, hoffe ich auch bald auf einen solchen Brief, denn mittlerweile bin ich zwei Monate mit der Miete im Rückstand , und meine Vermieterin wird sich nicht ewig mit dem Hinweis auf meine literarischen Fähigkeiten vertrösten lassen.


Mara Mainau: Marianne und ihre Mutter
Michael Rolandt: Die Kunst, eine Kurzgeschichte zu schreiben
© by authors / R.Jahn
Published by krimiladen.blogspot.com
4/2021
Verbreitung nur mit Genehmigung
  
   
  
   
   
   
   

Sonntag, 4. April 2021

Organisation ist alles

 

Organisation ist alles

Story von Michael Rolandt

Lis kam nach Hause. Staunend sah sie sich in der Küche um.
   »Du hast meinen Kuchen mit Schokolade glasiert?«, fragte sie.
   »Jawohl!«, sagte ich.
   Sie strich über die Fensterbank und betrachtete ihr Spiegelbild in der blanken Scheibe.« Auch das Fenster hast du geputzt!« :
   »Genau!«
   Ihr Staunen wurde noch größer, als sie über die Regalbretter strich.« Und hier hast du auch saubergemacht? »
   »In der Tat!«  
   »Sag! mal, hast du etwa auch die Fliesen poliert?«, erkundigte sie sich,
   »Ja, ich habe auch die Fliesen poliert!« bestätigte ich.
   »Und den Fußboden, den hast du aufgewischt, nicht wahr?«
   »Ja, genau!«
   Sie gab mir einen Kuss. Dann schnüffelte sie.« Und du hast auch noch ein Bad genommen! »
   »Ja, ich habe auch noch gebadet!«, bestätigte ich.
   »Und das alles, während ich nur eine Viertelstunde lang fort war!«
   »Genau!«
   »Du bist ein Schatz!«, sagte sie.« Doch warum das alles? »
   »Damit du endlich einmal siehst, dass der ganze Haushalt viel weniger Zeit in Anspruch nimmt, wenn man alles gut durchorganisiert!«, sagte ich.
   Oder hätte ich ihr  etwa sagen sollen, dass ich vergessen hatte, den Handmixer auszuschalten, bevor ich ihn aus der Schüssel hob, in der ich die Schokoladencreme für den Kuchen geschlagen hatte?
   
  

Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

Aufgezeichnet von Mara Mainau
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»Meine Mutter verführte meinen Mann.«

Meine Mutter fand meinen zukünftigen Mann nett. Was sie wirklich darunter verstand, das fand ich erst heraus, als es schon zu spät war. Aus meiner Mutter war eine Rivalin geworden.

»Ich habe meinen Mann in den Tod getrieben.«

Ich wollte doch nur das Beste - für meinen Mann, für mich, für unsere Ehe. Doch erst als es zu spät war, begriff ich, dass ich Thorwald mit meinen Ansprüchen in den Tod getrieben habe.


Die Entscheidung

Lovestory von Mara Mainau

Sylvia öffnete leise die Wohnungstür. Aus dem Wohnraum klang leise Musik. Auf Zehenspitzen schlich Sylvia durch die Diele. Hans lag auf dem Bauch vor dem Lautsprechern und studierte gerade ein dickes Buch. Ein Stapel Blätter lag neben ihm auf dem Boden. Er hatte sich Notizen gemacht. Zwischen den Zähnen hielt er einen Bleistift, während er sich mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand nachdenklich das Ohrläppchen rieb.
   »Störe ich dich?« fragte sie.
   Er hob den Blick und schien keineswegs überrascht, sie hier zu sehen.
   »Aber nein, Liebes!«, sagte er und erhob sich‚ um sie in die Arme zu nehmen. »Ich glaube, ich habe für heute genug für mein Studium gearbeitet. Aber du machst so einen bekümmerten Eindruck - ist etwas passiert?«
   Sie legte den Kopf an seine Brust und spürte, wie seine Hand zärtlich über ihr Haar glitt.
   »Ja!«, flüsterte sie. »Es ist etwas passiert. Du kennst doch meinen Vater …«
   »Ja, deinen Vater!«, sagte Hans mit belegter Stimme. »Paul Krumm, einer der reichsten und angesehensten Männer in der Stadt. Er bringt einem armen, mittelosen Studenten wie mir wohl keine großen Sympathien entgegen!«
   »Er möchte, dass ich einen reichen Brauereierben heirate!«, sagte sie. »Heute Morgen am Frühstückstisch hat er mir gesagt, dass der junge Mann zum Wochenende zu uns kommt. Er wird bei uns wohnen, damit wir uns näher kennenlernen können!«
   »Und was hast du gesagt?«, fragte Hans.
   »Ich habe ihm klargemacht, dass ich nur dich liebe, und  dass ich dich heiraten möchte, sobald du dein Examen bestanden hast! Und weißt du, wie Vater dich daraufhin genannt: hat? Einen Mitgiftjäger! Für ihn bist du nur ein Mann, der sich an die Erbin einer großen Firma und eines noch größeren Vermögens herangemacht hat!
   »Ich kann die Haltung deines Vaters verstehen!«, entgegnete der junge Mann. »Er kann ja nicht wissen, was ich für dich empfinde. Ich liebe dich, nicht das Geld, das du irgendwann einmal haben wirst. Ich würde dich auch lieben, wenn du arm wie eine Kirchenmaus wärst...«  
   »Vater ist daraufhin sehr wütend geworden!«, fuhr Sylvia fort. »Als er erkannte, dass ich fest entschlossen bin, zu dir zu halten, hat er seinen Rechtsanwalt angerufen.«
   »Seinen Rechtsanwalt?« Hans runzelte die Stirn »Wozu hat er das getan?«
   »Er möchte heute Nachmittag sein Testament ändern. ›Wenn dieser Student dich so eingewickelt hat‹, hat er gesagt,› dass du nicht mehr von ihm loskommst, dann soll er nicht auch noch mein ganzes Vermögen in die Hände bekommen, wenn ich einmal sterben sollte. Ich werde dich enterben!‹  Er will in sein neues Testament schreiben, dass sein ganzer Besitz und dir Firma nach seinem Tod in eine wohltätige Stiftung übergeht. Nur, weil er verhindern möchte, dass eine reiche Frau bekommst!«
   »Aber Liebes!« Er sah sie erstaunt an. »Das ist doch kein Grund, traurig zu sein. Jetzt können wir endlich unbelastet von allem heiraten! Niemand wird mehr denken, dass ich es darauf abgesehen habe, eine reiche Erbin zu heiraten. Denn ich liebe dich so, wie du bist, Sylvia, ob du nun eine Million erbst oder nicht. Wir werden uns eine eigene Existenz aufbauen. Ich werde für unser gemeinsames Glück arbeiten... aber was ist denn, du weinst ja?«
   »Verzeih mir!«, flüsterte sie. »Für einen Augenblick hatte ich wirklich angenommen, dass du dich von mir trennen würdest, wenn du die Neuigkeit erfährst. Verzeih, dass ich gezweifelt habe!«  
   
   
 

Credits:
Michael Rolandt: Organisation ist alles

Mara Mainau: Die Entscheidung
© by authors / R.Jahn
Published by krimiladen.blogspot.com
4/2021
Verbreitung nur mit Genehmigung

Story der Woche

Image GmbH

Story von Ralph Petersen

In unserer Straße hatte ein neuer Laden eröffnet. Das Schaufenster erstrahlte allerdings nicht in der üblichen Eröffnungsdekoration. Nur ein Schild stand darin: IMAGE-GmbH. Neugierig betrat ich eines Nachmittags den Laden. Ein freundlicher Herr mittleren Alters empfing mich.
   »Was verkaufen Sie in Ihrem Geschäft?«, fragte ich.
   »Persönlichkeiten!«, erwiderte der Mann freundlich. »Wenn Sie mir folgen, erkläre ich es Ihnen gern.« Er führte mich in ein großes Lager. Dort sah ich auf den Regalen leere Kaviardosen, daneben leere Wein- und Sektflaschen — überhaupt schien das Lager nur mit Müll gefüllt zu sein.
   »In unserer Gesellschaft«, sagte der Mann, »muß der Mensch stets darauf achten, dass er von seinen Mitbürgern als das anerkannt wird, was er gern möchte. Man achtet auf seine Kleidung, auf seinen Wagen, man achtet auf den Umgang, den er hat und man achtet nicht zuletzt auf den Müll, den er hinterlässt.«
   Ich hob misstrauisch die Augenbrauen. »Also glauben Sie wirklich, dass...«, begann ich.
   »Haben Sie noch nie bemerkt, wie kritisch man die Müll  der Nachbarn mustert?« unterbrach er mich. Ich konnte nichts negatives erwidern. Der Mann fuhr fort: »Wir verkaufen deshalb, wenn man es einmal so vulgär ausdrücken darf, in unserem Geschäft Müll. Zum Beispiel diese Kaviardose. Besonders geeignet für einen großbürgerlichen Haushalt. Deponiert man die Dose gut sichtbar unter dem etwa angehobenen Mülltonnendeckel, so kann man schon nach einigen Wochen einen deutlichen Prestigeanstieg verzeichnen. Sie dürfen übrigens versichert sein, dass alle Artikel, die wir verkaufen, hygienisch einwandfrei und somit gesundheitlich unschädlich sind. »
   »Aber warum?«, fragte ich. »Wenn man sein Prestige mit einer Kaviardose im Mülleimer heben kann, kann man sich doch eine  Dose Kaviar kaufen, den Inhalt essen und sie dann in den Mülleimer legen!«
   »Es gibt nun aber auch einmal Menschen, die keinen Kaviar mögen!«, belehrte mich der freundliche Mann geduldig. »Außerdem ist eine Dose Kaviar wesentlich teurer als eine Kaviardose. Aber dieser Verkauf von Einzelstücken nimmt nur einen kleinen Teil unseres Unternehmens in Anspruch.« Er führte mich in die hintere Hälfte des Lagers. Hier standen Mülltonnen herum, gekennzeichnet mit Schildern wie »Student«, »Single, weiblich«, »Intellektueller« oder auch »gutbürgerlich«.
   »Wir stellen hier Sets zusammen, die ganz und gar dem Image einer Person entsprechen!«, erläuterte er und klappte einen Tonnendeckel auf. »'Student' zum Beispiel. Diese Tonne enthält leere Rotweinflaschen, eine Menge bekritzeltes Papier, ein Unmenge Flyer von Pizzalieferdiensten, Brot- und Käserinden. Alles absolut imagewirksame Dinge, wir haben des getestet. Wir sorgen dafür, dass der Müll des Bestellers diskret entfernt wird und placieren dafür gut sichtbar unsere Tonne. Diese Sets erfreuen sich größter Beliebtheit, weil sie - anders als eine einzelne Kaviardose - ein abgerundetes Bild einer Persönlichkeit geben. Die 'Single, weiblich'-Tonne enthält zum Beispiel leere Konservendosen, einen Packen Zeitungen, sowie einige leere Proseccoflaschen, Zellstoffpads mit Lippenstiftabdrücke  und ein Paar Damenstrümpfe. Sie sehen also«, er räusperte sich, »wir denken an alles. Besonders schwierig ist die Zusammenstellung von Sets für ganze Familien. Dazu benötigen wir genauere Angaben über Lebensgewohnheiten, Zahl der Kinder und so weiter. Ich kann mit Recht behaupten, dass all unsere Sets bisher ein äußerst positives Echo gefunden haben. Unser größres Angebot ist das Drei-Monats-Programm. Innerhalb dieser Zeit steigern wir das Prestige indem wir langsam aber beständig, von Mülltonne zu Mülltonne auf der Prestigeleiter emporklettern. Wir fangen also, wenn der Scherz erlaubt ist, mit Sprudelflaschen an und hören mit Sektflaschen auf!«
   Erschreckend deutlich stieg in mir die Erinnerung auf, dass ich auf dem Weg zur Arbeit stets den Abfall meiner Nachbarschaft angesehen und unbewusst die verschiedenen Dinge registriert hatte, die unter den halboffenen Deckel ihrer Tonnen hervorgeschaut hatten. Zum Beispiel die  leeren Whisky- und Ginflaschen bei den Bankdirektor neben mir. Ein Paar zerlaufene Pumps bei der älteren Dame ein Haus weiter... Unvorstellbar, wenn all diese Leute meinem Müll die gleiche, wenn nicht sogar größere Beachtung schenkten. Ging die Bankiersgattin nicht stets zum Einkaufen, kurz nachdem die Müllmänner die Tonnen an den Straßenrand gestellt hatten. Sollte sie etwa ... Wenn sie nun diese schrecklichen Dinge bei mir gesehen hatte. Papierchen von Karamellbonbons, Beutel von Gummibärchen. Nicht auszudenken. Aber ich habe nun einmal eine Schwäche für Süßigkeiten.
   Da war aber auch schon wieder der freundliche Herr an meiner Seite und fragte, ob er mir vielleicht behilflich sein könne. Ich bejahte und bestellte für das nächste halbe Jahr jede Woche eine Mülltonne mit der Bezeichnung »Journalist - verkannter Schriftsteller!
   
  

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Die Retro-Edition - mit zwei Dutzend Krimis zurück in die Achtziger


Die Achtziger – das waren die Jahre, als man noch überall rauchen durfte, der Marlboro-Mann und der Camel-Tramp im Kino Werbung machten und die Hollywood-Hits »Dirty Dancing«, »Shining« und »Zurück in die Zukunft« hießen. Zum Telefonieren benutzte man Festnetztelefone, und wenn man unterwegs war, musste man sich zum Anrufen eine Telefonzelle suchen – das waren gelbe Kabinen mit einem Münztelefon und einem gestohlenen Telefonbuch.

Zwei Dutzend clevere Kriminalstorys aus der guten alten Zeit – als im Fernsehen immer dienstags »Dallas« lief und freitags »Derrick« ermittelte. Die Hits des Jahrzehntes waren »Take On Me« von a-ha , Nena mit »99 Luftballons« und natürlich »Jeanny« von Falco. Wie immer zu Ihrem Vergnügen ausgesucht und zusammengestellt von Krimikenner H.P. Karr.

  
   
  

 Die Idee

 Story von Michael Rolandt

Freddy war Schriftsteller. Oder er hielt sich wenigstens dafür. Einiges hatte er auch schon veröffentlicht, doch nun stand sein Sinn nach größerem. Freddy wollte ein Drehbuch schreiben. Also setzte Freddy sich hin, verfasste ein Filmdrehbuch und schickte es flugs an den nächsten Filmproduzenten, der ihm einfiel. Der bestellte Freddy kurz darauf tatsächlich in sein Büro.
   »Sie haben uns hier also ein Drehbuch vorgelegt!«, begann er.
   Freddy nickte. »So ist es!«
   Der Produzent blätterte gelangweilt in dem Manuskript. »Sie erzählen also die Geschichte eines jungen Mädchens. Dieses junge Mädchen ist hübsch und knackig... Dieses Mädchen verliebt sich also in zwei Männer!«
   »So ist es!«, bestätige Freddy.
   »Der eine Mann ist ein Schuft und der andere ein Held!«, fuhr  der Produzent fort. »Zuerst lernt das Mädchen den Helden kennen. Dann taucht der Schuft auf und spannt sie dem Helden aus. Richtig?«
   »Völlig richtig!«, sagte Freddy.
   »Gut — jetzt liebt also der Schuft das Mädchen, bis es dann erkennt, dass er ein Schuft ist. Und kehrt daraufhin reumütig zu dem Helden zurück, der während der ganzen Zeit auf sie gewartet hat. Auch richtig?«
   »Genau, so ist es!« Freddy sah den Produzenten betroffen an. »Ist der Stoff etwa nicht gut?«
   »Das ist doch alles nichts Neues!«, sagte der Produzent und gähnte. »Das gab es schon tausendundeinmal. Das will keiner mehr sehen. Das ist abgeschmackt, plump, kitschig, blödsinnig ... kein bisschen Originalität darin!«
   »Oh, ich habe etwas vergessen!«, sagte Freddy auf einmal. »Habe ich tatsächlich nicht erwähnt, wo das Ganze spielt?«
   »Wo spielt es denn?«
   »In einer Badewanne.«
   


Ralph Petersen: Image GmbH
Michael Rolandt: Die Idee
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Samstag, 3. April 2021

Begegnung in den Bergen

Begegnung in den Bergen

Lovestory von Mara Mainau

Sabine hatte noch keine Erfahrungen mit dem umbeständigen Wetter im Gebirge gemacht. Als die Gewitterwolken plötzlich aufzogen, lief sie zu einer kleinen Hütte, die direkt am Wege stand, während schon die ersten Tropfen fielen.
   Ein Mann öffnete auf ihr Klopfen. Er bat sie herein.
   »Hier sind Sie vor dem Unwetter sicher!«, sagte er. »Nehmen Sie doch Platz. Und bitte stören Sie sich nicht an der Unordnung!«
   Sabine setzte sich und betrachtete die zahlreichen Ölbilder, die herumstanden. Auf einer Staffelei stand das halbfertige Bild einer sehr schönen Frau. Aus jedem Pinselstrich sprach die Liebe des Malers zu seinem Modell.
   »Kaffee?«, fragte der Mann und hielt ihr eine Tasse hin, aus der es angenehm duftete. Er bemerkte Sabines Blick, der wie gefesselt an der Staffelei hing.
   »Sie war sehr schön«, sagte er leise. »Sie war meine Frau.
   Sabine nahm die Kaffeetasse und trank langsam, während sie versuchte, ihrer Gefühle Herr zu werden.
   »Darf ich sie etwas fragen?«, hörte sie plötzlich seine Stimme. Geistesabwesend nickte sie.
   »Jemand hat Sie enttäuscht, nicht wahr? Ich spüre es ganz genau.«
   Sabine nickte stumm. »Ich habe versucht, ihn zu vergessen«, sagt sie leise. »Deshalb mache ich hier Urlaub. Ich dachte, die Berge, die langen Wanderungen, die frische Luft und die Natur könnten die Wunden heilen. Aber sie sind immer wieder aufgebrochen.«
   »Man kann nichts vergessen, was einmal wichtig war!«, sagte er »Man muß sich darüber klar werden, welche Bedeutung es hatte. Erst dann kann man weiterleben.
   »Aber es ist schwer«, sagte Sabine nachdenklich.
   Er strich ihr sanft übers Haar. Überrascht sah Sabine ihn an. Seine Augen waren verschleiert. Er sah auf das Bild seiner Frau.
   »Wir waren sehr glücklich miteinander«, sagte er leise. »Aber wir hatten unser Glück auf einer Lüge aufgebaut. Wir wußten, daß es nicht von langer Dauer sein würde. Sie hat alles versucht, sie war immer so voller Hoffnung, daß es mir später beinahe das Herz zerriß, als ich sie sterben sah. Leukämie, unheilbar. Ich bin selbst Arzt und hatt ihr die Diagnoes gestellt. Ihr größter Wunsch war, ein Bauernhaus auf dem Lande zu besitzen. Ich habe dieses Haus gekauft, weil ich ihr ihren Traum erfüllen wollte. Wir waren sehr glücklich hier, die letzten Tage und Wochen. Aber der Tod ließ sich nicht aufhalten.
   »Wie lange...« Sabines Stimme versagte.
   »Sie ist vor zwei Jahren gestorben«, erwiderte der Mann. »Seitdem komme ich jeden Sommer hierher. In das Haus gehe ich beinahe nie, weil mich dort alles an sie erinnert. Aber hier in der Hütte kann ich sitzen und malen...«
   Sabine beobachtete ihn schweigend, wie er zur kleinen Feuerstelle ging und sich ebenfalls einen Kaffee eingoß.
   »Es ist schwer, sich über etwas klarzuwerden, das einen ganz aus der Bahn geworfen hat!«, sagte sie schließlich. »Aber ich glaube, sie haben mir Mut gemacht!« Sie erhob sich und trat ans Fenster. Der Regen hatte aufgehört und die Natur strahlte in neuer, lebendiger Frische. Der Mann war hinter sie getreten und zusammen betrachteten sie schweigend die in satten Farben erstrahlende Bergwelt, die sich im Licht der Nachmittagssonne vor ihnen erhob.
   »Ich muß gehen!« sagte Sabine plötzlich und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Aber... darf ich einmal wiederkommen?«
   »Ja«, sagt der Mann. »Sie dürfen jederzeit wiederkommen!« Und er sah Sabine lange nach, bis ihre Gestalt hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war.
   
      

Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

Aufgezeichnet von Mara Mainau
Erneut hat Mara Mainau zwei Dutzend bewegende Lebens- und Liebesgeschichten aufgezeichnet und in diesem Sammelband zusammengestellt. Es sind nicht nur romantische Lovestories und offene Bekenntnisse, es sind oft auch dramatische Schicksalsberichte. Hier erzählen Frauen offen und ehrlich von den wichtigsten, entscheidenden und emotionalsten Phasen ihres Lebens. Es sind Geschichten über die Kraft der Liebe und die Macht des Schicksals.
Ebook bei amazon

»Meine Mutter verführte meinen Mann.«

Meine Mutter fand meinen zukünftigen Mann nett. Was sie wirklich darunter verstand, das fand ich erst heraus, als es schon zu spät war. Aus meiner Mutter war eine Rivalin geworden.

»Ich habe meinen Mann in den Tod getrieben.«

Ich wollte doch nur das Beste - für meinen Mann, für mich, für unsere Ehe. Doch erst als es zu spät war, begriff ich, dass ich Thorwald mit meinen Ansprüchen in den Tod getrieben habe.


Credits:
Mara Mainau: Begegnung in den Bergen
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Freitag, 2. April 2021

Abschied ins Glück

Abschied ins Glück

Lovestory von Mara Mainau

Das Schiff lief in den Hamburger Hafen ein. Am Kai drängten sich die Menschen. Die Leinen wurden festgemacht und die Gangways herausgefahren. Während der vergangenen Tage hatte Helga sich vor diesem Augenblick gefürchtet. Jetzt waren die Tage romantischer Verliebtheit vorbei, morgen begann der Alltag des Lebens wieder.
   Und Peter? Er stand zwar neben ihr an der Reling, als die Gangway angelegt wurde - doch er war ihr irgendwie fremder geworden. War es die Angst vor dem Abschied? Er würde bald nichts anderes mehr sein als eine schöne Erinnerung, an die man in einer einsamen Stunde zurückdenken konnte. Sie hatten zusammen geträumt - nun war die Wirklichkeit wieder da.
   Plötzlich entstand unten am Fuß der Gangway Gedränge. Und dann hörte sie jemanden rufen: »Helga - hallo - hier bin ich!«
   Sie starrte in die Menschenmenge und glaubte ihren Augen nicht zu trauen: Dort unten stand Klaus! Klaus, dessentwegen sie geflohen war. Vor dem sie sich fürchtete.
   Er winkte ihr zu, sie stolperte die Treppe hinunter. Dann stand sie ihm gegenüber. Er war noch ganz der alte, sein Gesicht war hart und männlich, seine Augen versteckte er unter einer großen, dunklen Sonnenbrille.
   »Ich habe in deiner Firma angerufen«, sagte er. »Zuerst wollte man mir nicht verraten, wo du bist, doch dann hat eine von den Sekretärinnen mir gesagt, dass du heute hier ankommen wirst. Kriege ich denn keinen Kuss?«
   Helga spürte den Druck seiner Hand auf ihrem Arm und sah ihn an. War das der Mann, den sie vor vier Monaten noch mit bewundernden Blicken angesehen hatte? Wie hatte sie nur den zynischen, ja beinahe brutalen Zug um seine Mundwinkel übersehen  können, seine Selbstherrlichkeit?
   »Nun komm schon!«, drängte Klaus. Doch Helga entzog sich ihn.
   »Las mich!«, sagte sie. »Ich möchte dich nicht mehr sehen!«
   Ihre Blicke suchten die Gangway, tasteten die Reling ab, suchten nach Peter. Erst in diesem Augenblick wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte.
   »Na, dann eben nicht!«, hörte sie Klaus! Stimme neben sich, dann verschwand er im Gedränge.
   Helga stand wie benommen da. Einerseits spürte sie eine grenzenlose Erleichterung. Ich brauche nicht mehr zu fliehen, dachte sie. Die Angst war vorbei. Andererseits erfüllte sie eine schmerzen de Leere: Hatte Peter diese Szene beobachtet, war er gegangen, nachdem er sie zusammen mit Klaus gesehen hatte?
   »Da bist du ja!«, hörte sie plötzlich Peters Stimme neben sich. Und dann: »Das war - er, nicht wahr? Der Mann, der dir wehgetan hatte?«
   Helga nickte. »Ja. Aber er kann mir nicht mehr wehtun«, sagte sie und sah ihn an. »Nur eines hätte mir wirklich wehgetan - wenn du ohne Abschied gegangen wärst, Peter.«
   »Ich möchte mich aber gar nicht von dir verabschieden!«, antwortete er und zog sie sanft an sich. »Ich möchte, dass wir zusammenbleiben, Helga!
   Und dann küssten sie sich wie zwei Liebende, die dich nach langem Suchen endlich und endgültig wiedergefunden hatten.






Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

Aufgezeichnet von Mara Mainau
Erneut hat Mara Mainau zwei Dutzend bewegende Lebens- und Liebesgeschichten aufgezeichnet und in diesem Sammelband zusammengestellt. Es sind nicht nur romantische Lovestories und offene Bekenntnisse, es sind oft auch dramatische Schicksalsberichte. Hier erzählen Frauen offen und ehrlich von den wichtigsten, entscheidenden und emotionalsten Phasen ihres Lebens. Es sind Geschichten über die Kraft der Liebe und die Macht des Schicksals.
Ebook bei amazon

»Meine Mutter verführte meinen Mann.«

Meine Mutter fand meinen zukünftigen Mann nett. Was sie wirklich darunter verstand, das fand ich erst heraus, als es schon zu spät war. Aus meiner Mutter war eine Rivalin geworden.

»Ich habe meinen Mann in den Tod getrieben.«

Ich wollte doch nur das Beste - für meinen Mann, für mich, für unsere Ehe. Doch erst als es zu spät war, begriff ich, dass ich Thorwald mit meinen Ansprüchen in den Tod getrieben habe.




Der Morgen davor

Von Ralph Petersen

   
Ferienzeit, Reisezeit. Heute morgen, um zehn Uhr soll es losgehen. Der Flug in den Süden hebt im 10.15 Uhr ab. Und schon Stunden vorher herrscht die große Reiseaufregung.
   »Betty, hast du auch meinen Strandball eingepackt?«, quengelt Thomas.
   »Blödmann, wir fahren in die Berge, da gibt es keinen Strand!«, belehrt ihn seine Schwester altklug.
   »Ich will aber meinen Strandball mitnehmen. Ohne meinen Strandball fahre ich nicht mit. Dann bleibe ich einfach zu Hause.«
   »Mutti, Thomas will nicht mitfahren!«
   Die Mutter bereitet gerade den Reiseproviant vor. »Aber Thomas!«, stöhnt sie. »Wir haben deinen Strandball doch schon eingepackt!«
   »Was soll er denn mit seinem blöden Strandball?«, brüllt Betty. »Dann will ich auch mein Puppenhaus mitnehmen!«
   Die Mutter streicht sich mit einem gequälten Lächeln das Haar aus der Stirn. Sie sieht den Vater, der seelenruhig am Frühstückstisch sitzt und die Morgenzeitung liest.
   »Robert, sag den Kindern endlich, sie sollen aufhören!«
   »Sofort!«
   »Nicht sofort sondern gleich. Es ist halb neun, Robert! Mein Gott, wie kannst du nur so seelenruhig dasitzen?«
   »Wir haben doch noch Zeit!«
   »Zeit? Ich muss noch das Handgepäck fertigmachen. Dann muß ich noch abwaschen und die Küche aufräumen! Und die Betten machen...«
   Die Zeit vergeht. »Robert, hilf mir doch bitte! Es ist kurz vor zehn und ich bin völlig mit den Nerven herunter!«
   »Ruhig, meine Liebe, immer mit der Ruhe. Was ist denn noch zu erledigen?«
   »Ist das Wasser abgestellt?«
   »Ich war eben im Keller und habe den Haupthahn abgedreht!«
   »Hast du überhaupt deine Zeitung abbestellt?«
   »Schon vor drei Wochen habe ich dort bescheid  gesagt!«
   »Die Milch? Und die Brötchen?«
   »Alles abbestellt!«
   »Haben wir jetzt alles beisammen - eins, zwei - drei Koffer. Thomas, das Gummitier kannst du nicht mitnehmen! Wo ist denn die Reisetasche?«
   »Weiß ich nicht, Mutti!«
   »Mein Gott, vier Minuten vor zehn - Robert, so tu doch etwas, wir kommen zu spät zum Flughafen! Wo hast du denn die Reisetasche hingestellt?«
   »Ich denke, du hast sie gepackt?«, wundert er sich.
   »Ich? Nein. Ich denke du...oh, jetzt ist es passiert. Wir haben den Flug verpasst, nur, weil du deine Reisetasche nicht gepackt hast!«
   »Keine Sorge!«, beruhigt er sie. »Weil es jedes Mal vor unserer Reise dasselbe ist, habe ich diesmal die Uhren in der Nacht alle eine Stunde vorgestellt. Es ist also erst neun Uhr und wir haben noch eine Menge Zeit, Liebes!«
   
  

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Mara Mainau: Abschied ins Glück
Ralph Petersen: Der Morgen davor
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Gespräch im Park

 Gespräch im Park

Kurzroman von Mara Mainau

Mit einer halben Stunde Verspätung kam sie zu den vereinbarten Treffpunkt im Stadtpark. Er hatte sich bereits ungeduldig von der Parkbank erhoben, auf der er gewartet hatte, und sich zum Fortgehen  gewandt, als sie endlich auftauchte. Ihr Gesicht drückte Besorgnis aus.
   »Was ist geschehen?«, fragte er. »Hat es wieder Streit gegeben?«
   Die junge Frau nickte bedrückt. »Ja. Vater hat mir wieder vorgeworfen, dass ich auf einen Mitgiftjäger hereingefallen bin. Er kann es einfach nicht glauben, dass ich dich wirklich liebe. Er nimmt immer noch an, dass du es nur auf die riesige Erbschaft abgesehen. hast, die ich einmal antreten werde, wenn Vater stirbt.«
   »Irgendwie kann ich die Haltung deines Vaters verstehen!«, sagte der junge Mann und legte seinen Arm um die schmalen Schultern des Mädchens. »Er hat sich in jahrelanger, mühevoller Arbeit zu einem der wohlhabendsten Bürger unserer Stadt emporgearbeitet. Ihm gehören verschiedene Firmen und ein großes Haus am Stadtrand. Und nun befürchtet er, dass das alles nach seinem Tod, wenn du es erbst, in Hände fallen könnte, die es nicht verdient haben!« Er zog sie an sich und sah sie lange an. »Aber du musst mir eines versprechen, Liebes. Du darfst es nicht glauben, was dein Vater über mich sagt. Ich möchte dich so schnell wie möglich heiraten, weil ich dich liebe, und nicht, weil du eine reiche Erbin bist. Das darfst du nie vergessen, versprichst du mir das?« |
   »Das kann ich dir sogar leicht versprechen!«, erwiderte sie mit einem erleichterten Unterton in der Stimme. »Vater hat nämlich beschlossen, dass ich nichts erben soll!«
   »Was?«, stieß er hervor.
   »Als ich ihm klar und deutlich sagte,  dass ich dich um jeden Preis  heiraten werde, hat er sofort seinen Rechtsanwalt zu sich bestellt. Er wird dafür sorgen, dass die Firmen und aller Besitz meines Vaters in eine Stiftung umgewandelt werden, deren Leitung nach seinem Tod in die Hände von  integeren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kirche und der Gemeinde übergeht. Was dann als sein Erbe für seine Angehörigen übrigbleibt, sind nur noch einige Tausend. Zuerst hielt ich das für einen verrückten Vorschlag, bis mir dann klar wurde, dass es die einzige Lösung ist. Jetzt können wir endlich unbelastet  heiraten.«
   »Er hat dich enterbt?«, stammelte der junge Mann fassungslos. »Und du willst, dass wir heiraten?«
   »Aber ja!« erwiderte sie.«
   »Und wovon sollen wir leben?«, wollte er wissen. »Ich verdiene nicht viel. ..«
   »Wir werden schon zurechtkommen!«, erklärte sie  optimistisch. »Gehen wir morgen zum Standesamt und bestellen das Aufgebot?«
   Er sah sie an und nahm ihre Hand. »Ich glaube«, sagte er dann langsam, »wir sollten es nicht übereilen. Wir müssen alles genau überlegen. Es ist eine schwerwiegende Entscheidung. Besonders jetzt, wo dein Vater sein Testament ändert...«
   »Ich habe dich schon verstanden!«, sagt die junge Frau bitter. »Du hast in mir nur die reiche Erbin gesehen. Wirklich geliebt hast du mich nicht. Mein Vater hatte von Anfang an recht.« Sie erhob sich. »Er hat sein Testament übrigens gar nicht geändert. Das war nur eine Prüfung, vor die ich dich gestellt habe. Ich wollte endlich Klarheit haben, ob du mich nur um meiner selbst oder meines Geldes wegen liebst. Und jetzt habe ich die Antwort gefunden.«
   Sie wandte sich auf dem Absatz um und ging mit schnellen, sicheren Schritten davon.

  

Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

Aufgezeichnet von Mara Mainau
Erneut hat Mara Mainau zwei Dutzend bewegende Lebens- und Liebesgeschichten aufgezeichnet und in diesem Sammelband zusammengestellt. Es sind nicht nur romantische Lovestories und offene Bekenntnisse, es sind oft auch dramatische Schicksalsberichte. Hier erzählen Frauen offen und ehrlich von den wichtigsten, entscheidenden und emotionalsten Phasen ihres Lebens. Es sind Geschichten über die Kraft der Liebe und die Macht des Schicksals.
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»Meine Mutter verführte meinen Mann.«

Meine Mutter fand meinen zukünftigen Mann nett. Was sie wirklich darunter verstand, das fand ich erst heraus, als es schon zu spät war. Aus meiner Mutter war eine Rivalin geworden.

»Ich habe meinen Mann in den Tod getrieben.«

Ich wollte doch nur das Beste - für meinen Mann, für mich, für unsere Ehe. Doch erst als es zu spät war, begriff ich, dass ich Thorwald mit meinen Ansprüchen in den Tod getrieben habe.



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Donnerstag, 1. April 2021

Fast eine Weihnachtsgeschichte

Vorweihnachtszeit

Von  Michael Rolandt
Aus der Küche duftete es nach Zimtsternen, Vanillekipferln, Butterplätzchen und anderen Kostbarkeiten. Marianne stand am Ofen, summte leise eine vorweihnachtliche Melodie aus dem Radio mit und hantierte mit ihren verschiedenen Backblechen und Schüsseln. Ich hätte stundenlang durch die Durchreiche zwischen Küche und Wohnzimmer beobachten können, deren Glas vor ein paar Wochen durch meine Ungeschicklichkeit zerbrochen war. Doch hatte ich gar keine Zeit, um Marianne beim Backen zuzusehen. Denn ich sollte eine Weihnachtsgeschichte schreiben. Die Schreibmaschine stand stumm und tatenlos vor mir. Der Typensatz schien mich anzugrinsen und nur darauf zu warten, die Gedanken, die ich gleich zu Papier bringen würde verhunzen zu dürfen.
   Ausgerechnet jetzt, zwei Wochen vor Heiligabend war es dem Redakteur eingefallen, mir den Auftrag für eine Weihnachtsgeschichte zu geben. Dabei hatte ich ohnehin schon genug zu tun.. Ich hatte mir vorgenommen, in der Weihnachtszeit eine Serie über die Großtierjagd im südlichen Afrika zu schreiben. Das ist mein Spezialgebiet. Tiergeschichten und Geschichten über Jagd, Tierschutz und noch vieles andere mehr.
   »Ich weiß, dass Sie auf ein ganz anderes Thema spezialisiert sind!«, begann der Redakteur der Tageszeitung am Telefon. »Aber warum wollen Sie sich nicht einmal an einer Weihnachtsgeschichte versuchen?«
   Ich nahm an, dass der Kollege abgesprungen war, der ihm die aktuelle Weihnachtsgeschichte zugesagt hatte.
   »Ich habe keine Zeit!«, wiederholte ich.
   Doch dann sagte er: »Wir hatten einen Schriftsteller gebeten, die Geschichte für unsere Heiligabendausgabe zu schreiben, doch nun ist er plötzlich verstorben, ohne ein Manuskript zu hinterlassen. Sie sind der einzige, der uns noch helfen kann! Ich habe gehört, dass Sie ein Mann der schnellen Entschlüsse sind! Greifen Sie zu! Wir zahlen das doppelte Honorar, wenn Sie uns die Geschichte rechtzeitig liefern!  Einverstanden?«
   Was blieb mir also anderes übrig? »Einverstanden!«, sagte ich. »Ich werde mich gleich an die Arbeit machen!«
   Das war vor zwei Tagen gewesen, Heiligabend war nähergekommen, aber ich hatte bis jetzt   noch keine einzige Zeile geschrieben. Um ehrlich zu sein, ich hatte noch nicht einmal eine Idee, worum es konkret in der Weihnachtsgeschichte gehen sollte. In verschiedenen Sammelbänden hatte ich mir Anregungen gesucht und zahllose  weihnachtlichen Geschichten von Kollegen und Kolleginnen gelesen. Doch es war nichts dabei, was meine Phantasie angeregt hatte.
   Ich stand auf und ging in Zimmer auf und ab. Blickte auf die grauen Häuser, deren Dächer feucht im Regen glänzten. Leichter Nebel lag wie eine Decke über der Stadt. Unwillkürlich fröstelte ich. Ich ging hinunter in den Keller und nahm im Hobbyraum eins meiner Gewehre aus dem Waffenschrank. Langsam und systematisch löste ich den Verschluss, nahm das Gewehr auseinander, ölte die Teile und setzte sie wieder zusammen. Ich tue das immer, wenn ich nervös bin und keinen klaren Gedanken fassen kann.
   Denn ich schreibe nicht nur über die Jagd, ich gehe auch selbst regelmäßig auf die Pirsch.
   Nachdem ich das Gewehr wieder zusammengesetzt und abgewischt hatte, wollte ich gerade nach oben gehen und mich erneut vor die Schreibmaschine setzen, als Marianne herunterkam. Unser Pfarrer war bei ihr.
   »Besuch für dich!«, sagte Marianne und zog sich zurück.
   »Es tut mir leid, wenn ich Sie störe«, sagte der Pfarrer und sein Blick  verharrte auf dem Gewehr. »Aber ich bin gekommen, weil wir Ihre Hilfe benötigen.«
   »Inwiefern?«
   »Sie waren seit langem nicht mehr im Gottesdienst«, sagte er und bemühte sich, seine Stimme nicht vorwurfsvoll klingen zu lassen. »Sonst wüssten Sie, welches Problem wir haben!«   Es kommt immer wieder vor, dass sich in der kalten Jahreszeit einige Vögel in unsere Kirche verirren weil sie in Gebälk einen warmen Platz finden, Bisher habe ich auch nie etwas dagegen unternommen. Solange es sich nur im Spatzen oder um eine Amsel handelte, war es ja auch nicht weiter schlimm. Und wenn sie einmal mit ihrem Geschrei den Gottesdienst störte, habe ich sie hinausgejagt. Aber in diesem Jahr...«
   Er verstummte und hob ratlos die Schultern. Ich sah ihn interessiert an. »Nun, wer hat sich dieses Jahr in Ihre Kirche verirrt?«
   »En Taubenpärchen!«, sagte der Pfarrer mit bitterer Miene. »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Tauben. Dich diese beiden Tiere sind einfach nicht tragbar. Sie stören den Gottesdienst. Außerdem verursache  sie eine Menge Schmutz, Können Sie sich vorstellen, dass Ihnen plötzlich während der Predigt ein Brocken… Taubendreck auf den Kopf fällt?«
   »Nein!«, erwiderte ich.
   »Bisher war es kein so großes Problem, weil die Gottesdienste ja leider nur schwach besucht sind. Aber jetzt – während der Weihnachtszeit. Denken Sie nur an den Heiligabendgottesdienst.  Unvorstellbar, wenn nun plötzlich eines der Tiere die Kontrolle über seine Ausscheidungen verliert, während unten die Honoratioren  unseres Stadtviertels sitzen. Ich könnte...ich müsste...ich hoffe, Sie sind mit mir einer Meinung?«
   »Natürlich!« sagte ich. »Aber warum Sie damit zu mir? Soll ich die Tauben hinausjagen?«
   »Das hat wenig Aussicht!«, sagte er und blickte wieder auf mein Gewehr. »Ich habe es schon selbst versucht, zusammen mit meinen Pfarrhelfern. Doch die Tauben scheinen intelligenter als andere Vögel zu sein. Oder unsere beiden Exemplare sind schlauer als ihre Artgenossen. Jedenfalls ist es uns nicht gelungen, die Tiere zu vertreiben. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Ich wollte Sie bitten...« Wieder sah er auf das Gewehr. »Ich wollte Sie also bitten, die beiden Tauben zu erschießen. Damir sie nicht unseren Weihnachtsgottesdienst stören können. Wären Sie dazu bereit? Ich ersetze Ihnen natürlich sämtliche Kosten. Es wird sich schon eine Möglichkeit finden, die Kosten beim Gemeindeamt glaubhaft unterzubringen.«
   »Warum suche Sie sich nicht einen anderen Jäger?«, fragte ich. Ich hatte keine große Lust, den Auftrag des Pfarrers anzunehmen.
   »Aber Sie wissen doch, dass in unserer Kirche wertvolle Kulturgüter zu finden sind. Unvorstellbar, wenn nun irgendein Schützenbruder danebenschießt und ein Heiligenbild oder eines der Fenster treffen würde.«
   »Warum vergiften Sie die Tiere nicht?«, schlug ich vor. »Legen Sie vergiftetes Futter aus!«
   »Das haben wir auch schon versucht. Doch die Tiere nehmen das Futter nicht an. Warum wollen Sie mir nicht behilflich sein? Sie gelten als der beste Schütze in unseren Viertel. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen... »
   Er schwieg und faltete die Hände vor dem Bauch. Dann sah er mich an. Ich blickte zu Boden, während seine Blicke sich wieder dem Gewehr zuwandten. »Zwei Tauben, sagten Sie?«, fragte ich. Er nickte erfreut und schien meine Frage schon als Zusage aufzufassen.
   »Bestimmt keine Schwierigkeit für Sie! Bei Ihrem Können! Kommen Sie gleich mit?«  
   Ich zuckte resigniert mit den Schultern. »Also gut. Ich komme gleich mit. Ich nehme an, es ist in Ihrem Interesse, wenn ich keine Schrotpatronen benutze?«
   »Aber natürlich - bedenken Sie doch welchen Schaden Sie damit anrichten könnten!«, sagte er schnell.
   Marianne saß am Küchentisch und las in der Zeitung. Leere Schüsseln und Schalen standen in der Spüle. Aus dem Backofen zogen die Düfte ihres neuen Meisterwerkes heraus.
   »Ich bin gleich zurück!«, sagte ich. Marianne nickte nur und sah mir nach ohne weiter zu fragen.
   Das Telefon klingelte, als ich schon in der Tür stand. Es war der Redakteur der Tageszeitung. Er wollte wissen, wenn ich die Weihnachtsgeschichte abliefern konnte. »Wie weit sind Sie damit?«
   Neben mir trat der Pfarrer von einem Fuß auf den anderen.
   »Die Geschichte ist so gut wie fertig«, sagte ich. »Ich muss sie nur noch aufschreiben.«
   ENDE
   
 


Alles nur aus Liebe – Band 2
Geschichten aus dem wahren Leben

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Erneut hat Mara Mainau zwei Dutzend bewegende Lebens- und Liebesgeschichten aufgezeichnet und in diesem Sammelband zusammengestellt. Es sind nicht nur romantische Lovestories und offene Bekenntnisse, es sind oft auch dramatische Schicksalsberichte. Hier erzählen Frauen offen und ehrlich von den wichtigsten, entscheidenden und emotionalsten Phasen ihres Lebens. Es sind Geschichten über die Kraft der Liebe und die Macht des Schicksals.
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Meine Mutter fand meinen zukünftigen Mann nett. Was sie wirklich darunter verstand, das fand ich erst heraus, als es schon zu spät war. Aus meiner Mutter war eine Rivalin geworden.

»Ich habe meinen Mann in den Tod getrieben.«

Ich wollte doch nur das Beste - für meinen Mann, für mich, für unsere Ehe. Doch erst als es zu spät war, begriff ich, dass ich Thorwald mit meinen Ansprüchen in den Tod getrieben habe.



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