Samstag, 3. April 2021

Begegnung in den Bergen

Begegnung in den Bergen

Lovestory von Mara Mainau

Sabine hatte noch keine Erfahrungen mit dem umbeständigen Wetter im Gebirge gemacht. Als die Gewitterwolken plötzlich aufzogen, lief sie zu einer kleinen Hütte, die direkt am Wege stand, während schon die ersten Tropfen fielen.
   Ein Mann öffnete auf ihr Klopfen. Er bat sie herein.
   »Hier sind Sie vor dem Unwetter sicher!«, sagte er. »Nehmen Sie doch Platz. Und bitte stören Sie sich nicht an der Unordnung!«
   Sabine setzte sich und betrachtete die zahlreichen Ölbilder, die herumstanden. Auf einer Staffelei stand das halbfertige Bild einer sehr schönen Frau. Aus jedem Pinselstrich sprach die Liebe des Malers zu seinem Modell.
   »Kaffee?«, fragte der Mann und hielt ihr eine Tasse hin, aus der es angenehm duftete. Er bemerkte Sabines Blick, der wie gefesselt an der Staffelei hing.
   »Sie war sehr schön«, sagte er leise. »Sie war meine Frau.
   Sabine nahm die Kaffeetasse und trank langsam, während sie versuchte, ihrer Gefühle Herr zu werden.
   »Darf ich sie etwas fragen?«, hörte sie plötzlich seine Stimme. Geistesabwesend nickte sie.
   »Jemand hat Sie enttäuscht, nicht wahr? Ich spüre es ganz genau.«
   Sabine nickte stumm. »Ich habe versucht, ihn zu vergessen«, sagt sie leise. »Deshalb mache ich hier Urlaub. Ich dachte, die Berge, die langen Wanderungen, die frische Luft und die Natur könnten die Wunden heilen. Aber sie sind immer wieder aufgebrochen.«
   »Man kann nichts vergessen, was einmal wichtig war!«, sagte er »Man muß sich darüber klar werden, welche Bedeutung es hatte. Erst dann kann man weiterleben.
   »Aber es ist schwer«, sagte Sabine nachdenklich.
   Er strich ihr sanft übers Haar. Überrascht sah Sabine ihn an. Seine Augen waren verschleiert. Er sah auf das Bild seiner Frau.
   »Wir waren sehr glücklich miteinander«, sagte er leise. »Aber wir hatten unser Glück auf einer Lüge aufgebaut. Wir wußten, daß es nicht von langer Dauer sein würde. Sie hat alles versucht, sie war immer so voller Hoffnung, daß es mir später beinahe das Herz zerriß, als ich sie sterben sah. Leukämie, unheilbar. Ich bin selbst Arzt und hatt ihr die Diagnoes gestellt. Ihr größter Wunsch war, ein Bauernhaus auf dem Lande zu besitzen. Ich habe dieses Haus gekauft, weil ich ihr ihren Traum erfüllen wollte. Wir waren sehr glücklich hier, die letzten Tage und Wochen. Aber der Tod ließ sich nicht aufhalten.
   »Wie lange...« Sabines Stimme versagte.
   »Sie ist vor zwei Jahren gestorben«, erwiderte der Mann. »Seitdem komme ich jeden Sommer hierher. In das Haus gehe ich beinahe nie, weil mich dort alles an sie erinnert. Aber hier in der Hütte kann ich sitzen und malen...«
   Sabine beobachtete ihn schweigend, wie er zur kleinen Feuerstelle ging und sich ebenfalls einen Kaffee eingoß.
   »Es ist schwer, sich über etwas klarzuwerden, das einen ganz aus der Bahn geworfen hat!«, sagte sie schließlich. »Aber ich glaube, sie haben mir Mut gemacht!« Sie erhob sich und trat ans Fenster. Der Regen hatte aufgehört und die Natur strahlte in neuer, lebendiger Frische. Der Mann war hinter sie getreten und zusammen betrachteten sie schweigend die in satten Farben erstrahlende Bergwelt, die sich im Licht der Nachmittagssonne vor ihnen erhob.
   »Ich muß gehen!« sagte Sabine plötzlich und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Aber... darf ich einmal wiederkommen?«
   »Ja«, sagt der Mann. »Sie dürfen jederzeit wiederkommen!« Und er sah Sabine lange nach, bis ihre Gestalt hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war.
   
      

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Credits:
Mara Mainau: Begegnung in den Bergen
© by authors / R.Jahn
Published by krimiladen.blogspot.com
4/2021
Verbreitung nur mit Genehmigung

   

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