Sonntag, 28. März 2021

Im Park / Abschied von Hawaii

Die Bank im Park

Von Michael Rolandt
   
Nicht weit vom Stadtzentrum entfernt liest unser Park. Saftig grün leuchtet der von blühenden Rosen umrahmte Rasen. Alte Kastanienbäume säumen die Wege. Auf den Bänken ruhen sich Spaziergänger aus. Hausfrauen und junge Mütter unterhalten sich, die vom Blütenduft süße sommerliche Luft ist ruhig und träge. Kein Windstoß raschelt in den Bäumen. Ein Teil des Rasens ist zum Sportplatz geworden. Ein paar Jungen spielen Fußball.
   Wie weiche Watteflöckchen hängen die Wolken an dem strahlendblauen Himmel. Schon den ganzen Tag lang strahlt die Sonne. Manch einer sitzt mit zurückgelegtem Kopf und geschlossenen Augen auf seiner Bank und genießt den schönen Tag.
   Langsam naht der Abend. Das Fußballspiel ist zu Ende. Erschöpft machen sich die Jungen auf den Heimweg, die Fußballschuhe in der Hand. Langsam strebt ein Rentner dem Ausgang zu. Wohltuende Ruhe zieht in den Park ein.
   In den leuchtenden Blüten des Rhododendron summen noch die letzten Bienen. Betäubender Blütenduft hüllt alles ein. Noch verweilen einige Schmetterlinge auf den farbenprächtigen Blüten. Doch auch sie flattern eilig auf, als ein kühler Windhauch die Blätter der alten Kastanien rauschen lässt.
   Die Dämmerung bricht herein. Der Park liegt menschenleer. Nach und nach verstummt auch das Zwitschern der Vögel. Auf einer Bank, die etwas abseits steht, hat sich ein junges Paar niedergelassen. Die junge Frau trägt ein sommerliches Kleid, das den Blick auf ihre runden, gebräunten Schultern freigibt.
   Die beiden jungen Menschen haben die Welt um sich herum vergessen. Sie sitzen Hand in Hand, reden leise, sehen einander in die Augen. Schmieden sie Zukunftspläne ? Oder  erinnern sie sich daran, wie es war, als sie sich zum ersten Mal küssten?
   Ein leises Zittern geht durch die Luft. Ein leichter Wind hat sich aufgemacht, streicht über die Kastanien hinweg und trägt den Blütenduft davon.
   Das junge Paar sitzt eng aneinandergeschmiegt. Sie schweigen, denn sie brauchen keine Worte mehr, um sich zu verstehen. Die Stille zwischen ihnen ist voller Zärtlichkeit und Hingabe.
   Irgendwo singt eine Nachtigall ihr Abendlied. Ich erhebe mich. Der Wind ist kühl und mir fröstelt plötzlich. Als ich an dem jungen Paar vorbei dem Ausgang zustrebe, schauen die beiden mich nur kurz und beinahe schüchtern an.
   Ich gehe vorbei an duftenden Rosen. In wenigen Monaten wird ihre Blütenpracht nicht mehr existieren, langsam werde sie verwelken, Stück für Stück werden die  farbenprächtigen Blütenblätter verblassen und herunterfallen.
   Aus einiger Entfernung sehe ich das junge Paar. Sie sitzen immer noch auf der Bank, als gehörten sie zum Park. Sie verschwenden keinen Blick an die Rosen, und ich kann sie verstehen. Ein alter Vers aus meiner Jugendzeit fällt mir ein:
   Oh, dass sie ewig grünen bliebe, die schöne Zeit der jungen Liebe.
   Der Parkwächter will hinter mir das hohe, schmiedeeiserne Tor verschließen, weil er mich für den letzten Besucher hält. Ich mache ihn auf das junge Paar aufmerksam. Er lächelt verschmitzt.
   »Ein Viertelstündchen lasse ich ihnen noch Zeit!«, verspricht er mir.  » Dann scheuche ich sie hinaus!«
   Ich nicke ihn nur dankend zu, dann mache ich mich auf den Heimweg, ohne mich noch einmal umzusehen.
   


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Abschied von  Hawaii

Story von Michael Rolandt
Das Touristenschiff lag um Hafen von Hawaii. Wehmütig standen die Reisenden an der Reling, um noch einen letzten Blick auf die Palmen der Insel zu werfen, auf der sie drei wunderbare Urlaubswochen verbracht hatten. Zahllose kleine Händler hatten ihre bis zum Rand mit Souvenirs beladenen Boote an den Dampfer heranmanövriert und priesen nun mit lauten Stimmen ihre Waren an. Ändere versuchten, vorbei an den wachsamen Augen des Stewarts an der Gangway auf Deck zu Kommen.
   Einem kleinen, geschmeidigen Jungen in einem orangefarbenen Hemd gelang schließlich das Kunststück. Unzählige der bekannten hawaiianischen Blütenkränze hingen um seinen Hals.
   »Einen Dollar!«, pries er seine Ware an.
   Viele Touristen kramten eine Dollarnote aus ihrer Tasche und erstanden einen Blütenkranz.
   »Bringt Glück!«, versprach der Junge in gebrochenen Englisch. »Ist alter Zauber. Werfen Sie Kranz über Bord, wenn Sie passieren die Landzunge mit den drei Palmen und tun Sie einen Wunsch dabei. Und Wunsch geht in Erfüllung in einen Jahr!«
   Die Reisenden lächelten ein wenig über die seltsamen Worte, legten sich die Kränze um und blieben an der Reling stehen, um die Abfahrt des Schiffes mitzuerleben.
   Es vergingen nur wenige Minuten, dann hatte der kleine Insulaner mit dem orangefarbenen Hemd sämtliche Blütenkränze verkauft. Mit stolz geschwellter Brust spazierte er über die Gangway an Land, vorbei an den Augen des erstaunten Stewarts.
   Bald darauf wurden die Leinen losgemacht und mit einen letzten Pfiff der Schiffssirene verabschiedete man sich von der Trauminsel.
   Die Landzunge mit den drei Palmen reichte tief ins Meer
   hinein. und deutlich konnte man die Palmen an der Spitze erkennen, die ihr ihren Namen gegeben hatte. Während das Kreuzfahrtschiff die Landmarke passierte, flogen zahlreiche Blütenkränze über Bord, fielen ins Wasser, wurden von der Strömung erfasst und fortgetrieben. Und mit jedem dieser Kränze wurde wohl ein heimlicher Wunsch mit davongetragen.
   Nur der Erste Offizier auf der Brücke lächelte still vor sich hin, denn durch sein  Fernglas sah er am Strand der Landzunge sah er eine kleine Gestalt in einem orangefarbenen Hemd, die die von der Strömung angetriebenen Blütenkränze wieder einsammelte.
   
   
  

Michael Rolandt: Die Bank im Park
Michael Rolandt: Abschied von Hawaii
© by author / R.Jahn
Published by krimiladen.blogspot.com
3/2021
Verbreitung nur mit Genehmigung

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