Donnerstag, 25. März 2021

Story der Woche

 Verrechnet

 Story von Ralph Petersen

 Phillip Barkley bemerkte zu spät, dass sie ihn aufgespürt hatten. Die kleine Bar war zu einer Mausefalle geworden, aus der er wohl kaum herauskommen konnte. Phillip betrachtete im Barspiegel den Zwei-Zentner-Mann, der sich am Eingang aufgebaut hatte. Die vielfach gebrochene Nase in dem schwammigen, aufgedunsenen Gesicht zeigte, dass er ein Profi war.
   Barkley sah sich langsam um. An einem Tisch bei der Tanzfläche hockte eine Vogelscheuche in einem  zerknautschten Anzug. Er hatte einen Hals wie ein Geier und seine zerknitterte Gesichtshaut war mit ungesunden braunen Flecken übersät. Die Filterlose hing in seinem Mundwinkel als sei sie dort festgewachsen. Ein dünner Rauchfaden kräuselte sich in die Höhe und formte im Strahl des einzigen Bühnenscheinwerfers bizarre Gebilde.
   Sie hatten an alles gedacht, auch neben dem Hinterausgang stand einer, ein Kraftpaket, beinahe so hoch wie breit, mit einem tief ins Gesicht gezogenen Hut.
   Der Barmixer polierte schon seit geraumer Zeit am gleichen Glas. Barkley sah die Angst in seinen Augen.
   Jetzt erhob sich der mit dem Geierhals und kam langsam über die Tanzfläche. Er schob sich neben Barkley an die Theke. Das aufgedunsene Gesicht verließ seinen Platz neben dem Eingang und postierte sich hinter Phillip.
   »Hi, Barkley!«, sagte die Vogelscheuche. Die Filterlose wippte. »Diesmal hast du dich verrechnet. Wir haben dich erwischt!«
   Phillip stützte sich mit den Unterarmen auf die Theke. Dann wirbelte er plötzlich herum .und schlug mit aller Kraft in das aufgedunsene Gesicht hinter sieh. Ein Blutstrom schoss aus der Nase, der Bulle taumelte  zurück und   brach auf der Tanzfläche zusammen.
   Die Vogelscheuche griff zum Schulterhalfter, doch ehe er die Waffe herausziehen konnte, krachte Barkleys Fuß gegen sein Schienenbein. Die Vogelscheuche stieß einen unartikulierten Laut aus und Trainer sich zusammen. Phillip schlug mit der Handkante in seinen Nacken und stieß die taumelnde Gestalt gegen das Kraftpaket, das inzwischen seinen Posten neben dem Hinterausgang verlassen hatte und sich auf Barkley stürzen wollte.
   Phillip lief durch das düstere Foyer und stieß die Pendeltür zur Straße auf. Ein Schatten tauchte von rechts auf. Phillip schlug zu. Der Mann klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Aus der Bar kam ein schriller Pfiff. Eine Frau schrie auf.
   Phillip rannte nach links. Er musste weg von hier denn sicherlich hatten sie irgendwo noch einen Wagen mit mindestens zwei Mann stehen.
   Vor ihm flammten zwei Scheinwerfer auf. Ein Motor sprang an. Verdammt. Das war der Wagen. Phillip erkannte die beiden schemenhaften Gestalten hinter der Windschutzscheibe. Langsam setzte der Wagen sich in Bewegung. Hinter ihm klapperten schnelle Schritte auf dem Pflaster. Sie kamen. Sie hatten ihn eingekreist.
   Phillip presste sich an die Wand, schlüpfte in eine Toreinfahrt und rannte auf den Hinterhof. Die Schritte blieben auf den Fersen. Jemand bellte mit scharfer Stimme Befehle.
   Der Hinterhof war mit einer Mauer begrenzt. Phillip : sprang auf eine Mülltonne und warf sich über die Mauer.
   Er landete in einem düsteren Hof. Für einen Augenblick hatte er die Orientierung verloren und lief blindlings weiter. Hinter ihm klapperten wieder die Schritte. Zwei, nein drei waren ihm nachgekommen.
   »Mach dir keine Illusionen, Barkley!«, brüllte jemand. »Wir kriegen dich!« '
   Phillip rüttelte verzweifelt an einer Tür. Verschlossen.
   Einen Augenblick verharrte er keuchend an die Wand gelehnt. Kommandos klangen über den Hof. Die Schritte kamen näher. Er saß in der Falle. Dann flammte eine Taschenlampe auf. Der Lichtkegel tastete die Wand I Schulterhöhe ab und erfasste Schließlich Phillip. Stechend verharrte das Licht in seinem Gesicht. Schemenhaft sah er sie näherkommen, die Pistolen schussbereit.
   »Okay!«, sagte der mit dem Geierhals neben ihm. Eine Dienstmarke blitzte vor Phillips Augen auf. »Phillip Barkley, in Namen des Gesetzes verhafte ich Sie wegen dreifachen vorsätzlichen Mordes. Lieutenant Synder, zeigen Sie ähm den Haftbefehl, legen Sie ihm Handschellen an und bringen Sie ihn zum Wagen.«
   
    

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Die Achtziger – das waren die Jahre, als man noch überall rauchen durfte, der Marlboro-Mann und der Camel-Tramp im Kino Werbung machten und die Hollywood-Hits »Dirty Dancing«, »Shining« und »Zurück in die Zukunft« hießen. Zum Telefonieren benutzte man Festnetztelefone, und wenn man unterwegs war, musste man sich zum Anrufen eine Telefonzelle suchen – das waren gelbe Kabinen mit einem Münztelefon und einem gestohlenen Telefonbuch.

Zwei Dutzend clevere Kriminalstorys aus der guten alten Zeit – als im Fernsehen immer dienstags »Dallas« lief und freitags »Derrick« ermittelte. Die Hits des Jahrzehntes waren »Take On Me« von a-ha , Nena mit »99 Luftballons« und natürlich »Jeanny« von Falco. Wie immer zu Ihrem Vergnügen ausgesucht und zusammengestellt von Krimikenner H.P. Karr.
  
   
   

Halb drei

Story von Michael Rolandt

Plötzlich bin ich wach. Halb drei, sagen die Leuchtziffern auf der Uhr. Ich stiere an die Decke. Fahre mit meinem Blick das Muster ab, das das Licht der Straßenlaternen zeichnet. Meine Frau liegt neben mir. Sie schläft fest.
   Ein wenig frische Luft täte mir ganz gut. Leise schließe ich die Schlafzimmertür und stelle mich im Wohnzimmer an das offene Fenster. Ich schaue auf die menschenleere Straße.
   Die Stadt schläft.
   Warum bin ich nur so nervös? Ich hole mir eine Zigarette, die letzte aus der Schachtel. Der Rauch weht durch das Fenster hinaus in die kühle Nachtluft. Die Packung ist leer.
   Soll ich mir noch eine holen? Der nächste Automat ist gleich an der Ecke. Ich schlüpfe in meine Kleider, mache mich auf den Weg.
   Die Straßenlaternen schimmern bläulich. Sie scheinen wie in einen milchigen Nebel eingehüllt. Kein Mensch ist auf der Straße. An der Ecke, beim Automaten, taucht plötzlich aus dem Dunkel ein Mann auf. Mein Nachbar.
   »So spät noch unterwegs?«, frage ich.
   »Konnte nicht einschlafen. Kleiner Spaziergang!«
   »Mir geht es genauso!«
   Plötzlich Motorengeräusch. Scheinwerfer! Sie erhellen die ganze Straße. Ein Wagen. Bremsen quietschen. Wir springen zurück. Der Wagen überschlägt sich. Prallt gegen die Hausecke. Rollt zurück. Dann - Stille.
   Die Wagentür hängt offen da. Das Fahrzeug beginnt zu brennen. Wir ziehen den Fahrer heraus und tragen ihn weg. Hinter uns explodiert der Tank. Flammen blaken.
   Auf einmal ist die Straße hellwach. Jemand hat die Polizei alarmiert. Ein Krankenwagen holt den Mann. Löscharbeiten der Feuerwehr. Fragen der Polizei. Aussagen, Abmessungen, Eintragungen. Routine für die Beamten.
   Dann dürfen wir wieder gehen. Das Licht im Treppenhaus brennt. Die Nachbarn stehen verschlafen in den Türen. »Was war denn? »
   »Wie ist dem das passiert? ı
   »Gab es Tote? »
   Ich antworte nicht. Meine Frau steht auch in der Tür,  eine wirre Haarsträhne im Gesicht. Sie umarmt mich.
   »Ist dir nichts passiert?«
   »Nein!, sage ich.
   Schließlich liegen wir wieder im Bett. Draußen wird es allmählich ruhig. Meine Frau drückt sich an mich. Und ich halte sie fest. Ganz fest.
   

   

Ein Mord in einem verschlossenen Raum, ein tückisch arrangierter Unfall, ein vergifteter Drink – in jedem Fall ein Fall für Kommissarin Katja Kampp von der SOKO RUHR. Mit messerscharfer Kombinationsgabe und einer gehörigen Portion Menschenkenntnis ermittelt die clevere Kriminalistin innerhalb kürzester Zeit, wer der Täter ist.





Dabei ist der Leser bei diesen fünfzig Ratekrimis von H.P. Karr immer auf Augenhöhe mit der ebenso charmanten wie smarten Ermittlerin. Gemeinsam mit ihr kann er den Tätern auf Spur kommen. Denn in jeder Story gibt es mindestens einen Hinweis, der den Täter überführt. Ist es ein falsches Alibi, eine dreiste Lüge oder ganz ein dummer Fehler im Mordplan?
Katja Kampp löst den Fall auf jeden Fall – Sie auch?

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Der Autor
H.P. Karr lebt seit 1960 im Ruhrgebiet und ist Experte für alles, was mit Krimis zu tun hat. Er schrieb  rund ein Dutzend Thriller und Cozys und gibt die erfolgeichen Kurzkrimisammlungen »Mord nach Rezept« heraus.  Bei  seinen Krimirätseln kann jeder Leser und jede Leserin auf Augenhöhe mit den Ermittlern den Fall lösen. Stets spannend und immer mörderisch unterhaltsam.




Ralph Petersen: Verrechnet
Michael Rolandt: Halb drei
© by authors / R.Jahn
Published by krimiladen.blogspot.com
3/2021
Verbreitung nur mit Genehmigung



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